Abschnitt 2 - Lektion 1 Keto Ratio und Diabetes
Keto-Ratio
Die ketogene Ratio bestimmt das Gewichtsverhältnis von Fetten zu Kohlenhydraten und Proteinen. Denn für eine wirksame Ketose dürfen Kohlenhydrate nur in minimaler Menge aufgenommen werden. Bei einer ketogenen Ratio von 4:1 besteht die Nahrung zu 80 % Gewichtsanteilen aus Fetten und 20 % Gewichtsanteilen aus Kohlenhydraten plus Proteinen.
Für eine therapeutische Indikation, wie beispielsweise Epilepsie wird die ketogene Ratio sehr streng, also 4:1, formuliert.
Zum Abnehmen genügt eine Keto-Ratio von 2:1.
Für eine ausführlichere Darstellung schauen Sie sich bitte die bereitgestellte Präsentation und das Video an, in welchen anhand von Beispielen die ketogene Ratio berechnet wird. Bitte beachten Sie, dass wir die Werte zur leichteren Verständlichkeit gerundet haben.
Diabetes und Blutzuckerregulation
Der Diabetes mellitus oder die Zuckerkrankheit ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Stoffwechselkrankheiten und beschreibt deren ursprüngliches Hauptsymptom: Ausscheidung von Zucker im Urin. In der Antike wurde die Diagnose durch eine Geschmacksprobe des Urins gestellt, denn der Harn von Personen mit Diabetes weist bei erhöhtem Blutzuckerspiegel einen süßlichen Geschmack auf.
Diabetes mellitus ist der Sammelbegriff für verschiedene Stoffwechselstörungen, deren Leitbefund eine Überzuckerung des Blutes (Hyperglykämie) ist. Mechanismen, welche zur Hyperglykämie führen, setzen überwiegend am Insulin, dem Hauptregelungshormon des Zuckerstoffwechsels im menschlichen Körper, an: absoluter Insulinmangel, relativer Insulinmangel durch eine abgeschwächte Wirksamkeit des Insulins (Insulinresistenz) oder beides zusammen.
Physiologie
Der Verdauungsapparat baut die mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate (aus Früchten, Getreideprodukten, Kartoffeln, Mais, Reis) zu Glukose (Traubenzucker) ab, die anschließend über die Darmwand in das Blut aufgenommen und im gesamten Körper verteilt wird.
Die Bauchspeicheldrüse erzeugt in den β-Zellen der Langerhansschen Inseln das Hormon Insulin. Insulin vermittelt an den Zellen den Transport von Glukose ins Zellinnere, wo die Glukose anschließend zur Energiegewinnung verbraucht wird (Glykolyse). Darüber hinaus bewirkt Insulin auch eine Speicherung von Glukose in Form von Glykogen in der Leber sowie in den Muskelzellen, wodurch der Blutzuckerspiegel nach der Nahrungsaufnahme in engen Grenzen (ca. 80–120 mg/dl oder 4,5–6,7 mmol/l) konstant gehalten wird.
Selbst in langen Nüchternperioden bleibt der Blutzuckerspiegel dabei auf normalem Niveau, wofür dann wiederum vor allem die Leber sorgt, zum einen dadurch, dass das zuvor gebildete Glykogen wieder zurück in Glukose aufgespalten und zurück ins Blut abgegeben wird, zum anderen dadurch, dass die Leber selbst ständig neue Glukose produziert (Gluconeogenese).
Wenn die insulinproduzierenden β-Zellen nicht mehr genug oder gar kein Insulin mehr produzieren oder z. B. aufgrund von Entzündungen oder Operationen gar nicht mehr vorhanden sind, fehlen also sowohl die Glukose-Aufnahme in die Körperzellen als auch die Hemmung der Glukose-Neubildung in der Leber (die täglich bis zu 500 Gramm Glukose neu produzieren kann). Diese Neubildung erklärt auch das Ansteigen des Blutzuckerspiegels bei Diabetikern z. B. am frühen Morgen im nüchternen Zustand.
Beim Diabetes mellitus verbleibt die aufgenommene Glukose also im Blut, und auch die körpereigene Glukose-Neubildung in der Leber verläuft ungebremst weiter, was schließlich beides zu einem Blutzuckeranstieg führt.
Darüber hinaus hat Insulin noch eine weitere, dritte Wirkung. Es ist nämlich das einzige Hormon des menschlichen Körpers, welches Körperfett aufbaut und auch dafür sorgt, dass dieses Fett in den Depots bleibt (sogenannte adipogene Wirkung).
Ein wesentliches Kennzeichen des schweren, anhaltenden Insulinmangels ist daher auch eine extreme Gewichtsabnahme durch Wegfall der adipogenen Wirkung, insbesondere durch Abbau von Körperfett und (Muskel-)Eiweiß zur Energiegewinnung.
Diabetes-Typen nach den Leitlinien der DDG 2009
Basierend auf dem Bericht der WHO-Kommission von 1999 geschieht die Klassifikation nach den Leitlinien der DDG 2009 nach folgenden Kriterien:
Typ-1-Diabetes mellitus: Zerstörung der Betazellen der Langerhans-Inseln des Pankreas führt zum absolutem Insulinmangel.
Typ-2-Diabetes mellitus: Kann sich erstrecken von einer (genetisch bedingten) Insulinresistenz mit relativem Insulinmangel bis zu einem absoluten Insulinmangel im späteren Krankheitsverlauf. Er ist häufig assoziiert mit anderen Problemen des metabolischen Syndroms.
Andere spezifische Diabetes-Typen
- Erkrankungen des exokrinen Pankreas (z. B. Pankreatitis, zystische Fibrose, Hämochromatose)
- Endokrinopathien (z. B. Cushing-Syndrom, Akromegalie, Phäochromozytom)
- Medikamentös-chemisch induziert (z. B. Glukokortikoide, Neuroleptika, Alpha-Interferon, Pentamidin)
- Genetische Defekte der β-Zell-Funktion (z. B. MODY-Formen)
- Genetische Defekte der Insulinwirkung
- Andere genetische Syndrome, die mit einem Diabetes assoziiert sein können
- Seltene Formen eines autoimmun vermittelten Diabetes.
- Gestationsdiabetes: Erstmals während der Schwangerschaft aufgetretene oder diagnostizierte Glukosetoleranzstörung. Dies schließt ein:
- Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes
- Erstmanifestation eines Typ-2-Diabetes
- Erstmanifestation anderer spezifischer Diabetes-Typen
- Präkonzeptionell manifester, aber nicht diagnostizierter Diabetes mellitus (Typ 2), vor allem anzunehmen bei Glukosetoleranzstörung bereits im 1. Trimenon.
Diese Einteilung wurde 2011 als Teil einer Aktualisierung der Leitlinien durch die DDG bestätigt.
Diagnostik
Diabetes mellitus liegt laut Definition der WHO von 1999 vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist (Glukose jeweils gemessen im Blutplasma, venös):
Nüchternblutzucker ≥ 126 mg/dl (7 mmol/l)
Blutzucker ≥ 200 mg/dl (11,2 mmol/l) zwei Stunden nach der Gabe von 75 g Glukose im oralen Glukose-Toleranztest (oGTT)
Blutzucker ≥ 200 mg/dl (11,2 mmol/l) in einer zufälligen Blutentnahme.
Zur Diagnosestellung muss entweder mindestens zweimal ein definiert erhöhter Blutzuckerwert vorliegen (nüchtern über 126 mg/dl oder nach dem Essen (=postprandial) über 200 mg/dl bei Zufallskontrollen) oder ein pathologischer oraler Glukosetoleranztest.
Zu beachten ist, dass für die verschiedenen Materialien (Kapillarblut oder venöses Blut, Messung im Plasma oder im Vollblut) verschiedene Grenzwerte gelten. Die Messung sollte zeitnah zur Blutentnahme erfolgen. Es dürfen nur qualitätsgesicherte Messsysteme zum Einsatz kommen. Blutzuckermessgeräte zur Blutzuckerselbstkontrolle dürfen für diagnostische Zwecke nicht eingesetzt werden. Bei Serum-Glukose ist wegen der In-vitro-Glykolyse mit der Möglichkeit falsch niedriger, nicht jedoch falsch hoher, Messwerte zu rechnen. Serumproben zur Bestimmung klinisch-chemischer Parameter ohne Zusatz von Glykolysehemmstoffen dürfen daher nicht verwendet werden (siehe Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft). Schließlich sind Krankheitsbilder auszuschließen, die als Nebeneffekt vorübergehend zu erhöhten Blutzuckerspiegeln führen können.
Labordiagnostik
HbA1c
Der HbA1c-Wert ist ein Langzeit-Blutzuckerwert, mit dem der durchschnittliche Blutzuckerspiegel der letzten sechs bis zehn Wochen ermittelt werden kann. Es handelt sich hier um den Anteil des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), der mit Glukose verbunden ist. Der HbA1c-Wert wurde früher in Prozent angegeben, jetzt in mmol/mol (s. u.). Je mehr Glukose im Blut ist, desto mehr Blutfarbstoff wird verzuckert. Dabei entsteht zunächst ein instabiles Zwischenprodukt, das nach einigen Stunden in ein irreversibles Endprodukt umgewandelt wird. Kurzfristige Blutzuckerspitzen bilden sich daher im HbA1c kaum ab. Bei Gesunden liegt der Wert bei etwa 4–6 %. Da sich die Normbereiche für den HbA1c-Wert von Labor zu Labor unterscheiden, muss mit dem Wert auch der jeweilige Normbereich des Labors angegeben werden. In der Diabetestherapie ist das Ziel, einen HbA1c-Wert zu erreichen, der möglichst nahe am Normbereich liegt, da dann ein weitgehender Schutz vor Folgeschäden besteht.
Messmethode und Einheit
Die internationalen Diabetesorganisationen haben sich auf einen neuen Standard geeinigt, der genauer sein soll und weltweit eingeführt wird. Dabei müssen die HbA1c-Werte statt wie früher in Prozent in mmol/mol angegeben werden. Diese Regelung gilt seit 2009 und hatte eine Übergangsfrist bis zum 31. März 2010. Absehbar wird es auf längere Zeit in der praktischen Umsetzung zwei Werte geben, den HbA1c-Wert in % und den mmol/mol-Wert.
Fruktosamine
Anhaltend erhöhte Blutzuckerspiegel führen zu einer Anlagerung von Glukose an Proteine (hauptsächlich Albumin) – die Konzentration der Fruktosamine (auch Fructosamine) ist der durchschnittlichen Glukosekonzentration während der Lebenszeit der Proteine proportional – bei Albumin ca. 14 Tage. Sinnvoll ist die Bestimmung der Fruktosamine bei unerklärlich hohen HBA1c-Werten oder bei Störung der HB=Hämoglobin-Bildung, z. B. nach Blutverlust oder bei Nierenerkrankungen (seit 2009 kann dieser Wert nicht mehr zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt werden).
C-Peptid
Ein Maß für die Insulineigenproduktion ist das sogenannte C-Peptid. Das C-Peptid ist ein Teil des Proinsulins und wird in gleicher Menge wie Insulin aus der Bauchspeicheldrüse abgegeben. Da das C-Peptid-Molekül wesentlich stabiler als das Insulinmolekül ist (die Halbwertszeit des Letzteren beträgt wenige Minuten), ist es laborchemisch einfacher zu erfassen. Die Messung des C-Peptids hilft eingeschränkt bei der Unterscheidung des Typs I (C-Peptid durch zunehmenden Verlust der β-Zellen geringer bis nach Monaten bis Jahren nicht mehr vorhanden) von Typ II (C-Peptid durch Hyperinsulinismus zunächst erhöht oder auch normal, allerdings bei langer Krankheitsdauer ebenfalls erniedrigt bis nicht mehr nachweisbar).
Insulin
Es kann auch direkt der Spiegel des Insulinhormons bestimmt werden, durch die kürzere Halbwertszeit (im Vergleich um C-Peptid) geeignet kürzere Spitzen zu detektieren. Zusammen mit der Bestimmung des C-Peptid nützlich zur Abklärung einer Hypoglycaemia factitia.
Harnzucker
Glukosurie: Ein Symptom des erhöhten Blutzuckers ist das „honigsüße Hindurchfließen“. Damit ist die Glukoseausscheidung im Urin gemeint, die bei vielen Menschen bei Blutzuckerspiegeln um die 180 mg/dl (10,1 mmol/l) auftritt. Bei diesen Werten (Nierenschwelle) kommt die Niere mit ihrer Resorptionsleistung nicht mehr nach, und Glukose tritt in den Urin über (Glukosurie). Desgleichen ist die Rückresorption von Wasser beeinträchtigt, was zu einer erhöhten Urinausscheidung (Polyurie) mit entsprechend hohem Wasserverlust und vermehrtem Durst führt. Da die Nierenschwelle von Mensch zu Mensch doch relativ unterschiedlich ist und auch z. B. bei akuten Erkrankungen oder in der Schwangerschaft verändert ist, wird diese Messmethode zunehmend verlassen. Auch liegen die Kosten für die Messstreifen in ähnlicher Höhe wie bei der Blutzuckerbestimmung.
Eine Glukosurie bei Blutzuckerwerten unter 180 mg/dl (10,1 mmol/l) wird als Diabetes renalis bezeichnet. Diese entweder angeborene oder erworbene Funktionsstörung der Niere ist differenzialdiagnostisch vom Diabetes mellitus zu unterscheiden. Insbesondere darf aufgrund eines alleinigen Befundes einer Glukosurie kein Diabetes mellitus diagnostiziert werden.
Ketone im Harn
Ketonurie: Bei niedrigen Insulinspiegeln werden die Energiereserven des Fettgewebes mobilisiert. Dabei kommt es zum Anstieg nicht nur der Glukosekonzentration im Blut, sondern auch von drei noch kleineren Molekülen, den sogenannten Ketonkörpern. Diese sind ebenfalls Energieträger. Zwei davon sind schwache Säuren. Bei einem drastischen Insulinmangel kann deren Konzentration so stark steigen, dass es zu einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes kommt, der sogenannten Ketoazidose. Es stehen Teststreifen zur Verfügung, um einen dieser Ketonkörper, das Aceton, im Urin zu messen. Schwere Entgleisungen können so von den Betroffenen selbst erkannt und behandelt werden (z. B. bei Insulinpumpenträgern, wenn ein unbemerkter Pumpendefekt zu einer schweren Stoffwechselentgleisung geführt hat). Von Dritten kann häufig ein Acetongeruch des Atems wahrgenommen werden. Die Bestimmung – und damit auch die Verordnung und Vorhaltung von entsprechenden Teststreifen – ist nur bei Typ-1-Diabetes relevant, da ein solch ausgeprägter Insulinmangel bei Typ-2-Diabetikern nur nach jahrzehntelangem Krankheitsverlauf und dann auch nur sehr selten auftreten kann.
Autoantikörper
Beim Typ-1-Diabetes können Autoantikörper gegen Inselzellen (ICA= islet cell autoantibodies) in 80 % der Fälle nachgewiesen werden.[25] Diese werden je nach Zielantigen in verschiedene Autoantikörper differenziert:
1. GADA (=Glutamatdecarboxylase-Antikörper): Diese Antikörper wenden sich spezifisch gegen ein Enzym der Betazellen und sind beweisend für einen Diabetes mellitus Typ 1, liegen aber bei Krankheitsausbruch nur in 50 bis 70 Prozent der Fälle vor, später immer seltener. GADA sind typisch für den Diabetes mellitus Typ 1 im Erwachsenen-Alter.
2. Insulin-Antikörper (IAA)
3. Antikörper gegen Tyrosinphosphatase IA-2 (IA-2A)
Diabetes Typ 1
Bei diesem Krankheitstyp handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstört das körpereigene Immunsystem im Rahmen einer als Insulitis bezeichneten Entzündungsreaktion die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Dieser Verlust der Betazellen führt zu einem zunehmenden Insulinmangel. Erst wenn ca. 80–90 % der Beta-Zellen zerstört sind, manifestiert sich der Typ-1-Diabetes. In der Anfangsphase der Erkrankung ist also durchaus noch eine kleine Insulinrestproduktion – messbar über das C-Peptid – vorhanden. Beim kompletten Insulinmangel treten verschieden Phänomene auf. Das fehlende Insulin bewirkt:
1. Glukose kann nicht mehr in die insulinabhängigen Gewebe bzw. Zellen aufgenommen werden. Die Glukose fehlt innerhalb der Zellen als Energielieferant und häuft sich im Blut an.
2. Die Glukoseneubildung in der Leber verläuft ungebremst. Es werden bis zu 500 g Glukose pro Tag in das Blut abgegeben. Da diese von den Zellen nicht verwertet werden kann (siehe 1.), verbleibt sie im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt.
3. Das Körperfett kann nicht mehr in seinen Depots gehalten werden und wird ans Blut abgegeben. Es kommt zu einer Überschwemmung des Blutes mit freien Fettsäuren. Da zur Verstoffwechselung von Fettsäuren Substrate aus dem Kohlenhydratstoffwechsel notwendig sind, können diese Fettsäuren nicht auf normalem Wege abgebaut werden, sondern werden zu Ketonkörpern umgebaut. Da sowohl die freien Fettsäuren als auch diese Ketonkörper (Aceton ausgenommen) Säuren sind, kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose), durch die sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper beeinträchtigt werden.
4. Eine gesunde Nierenfunktion vorausgesetzt, wird nach Überschreiten der Nierenschwelle die Rückresorption in den Tubuli beeinträchtigt, sodass Glukose in den Urin ausgeschieden wird (Glukosurie). Um die anfallende Glukose ausscheiden zu können, muss sie über die verstärkte Diurese aus dem Körper geschafft werden. Es kommt zum ständigen Wasserlassen (= Polyurie) und in Folge zu einer Exsikkose mit ständigem Zwang zu trinken (Polydipsie).
Zusammenfassend kommt es also im Insulinmangel zu einem Substratmangel in den Zellen, zu einem Blutzuckeranstieg, zum Wasser- und Nährstoffverlust, zu einer Übersäuerung des Blutes und zur Gewichtsabnahme. Im Extremfall kann es zu einem lebensgefährlichen Krankheitsbild kommen – dem ketoazidotischen Koma.
Ursachen
Die Entstehung von Diabetes mellitus Typ 1 wird heute als multifaktorielles Geschehen verstanden, an dem sowohl genetische als auch Umweltfaktoren beteiligt sind.
Es sind bislang mehr als 20 Gene identifiziert worden, denen ein Zusammenhang mit der Entstehung von Typ-1-Diabetes nachgewiesen werden konnte. Die meisten beschriebenen Genveränderungen bedingen eine polygenetische Entstehung, d. h. mehrere genetische Veränderungen müssen vorliegen, damit ein Typ-1-Diabetes entsteht. Nur in seltenen Fällen liegt eine monogenetische Erkrankung vor.
Symptome
Charakteristisch für die Manifestation des Typ-1-Diabetes ist die ausgeprägte Gewichtsabnahme innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen, verbunden mit Austrocknung (Exsikkose), ständigem Durstgefühl, häufigem Wasserlassen, Erbrechen und gelegentlich auch Wadenkrämpfen und Bauchschmerzen. Allgemeine Symptome wie Müdigkeit und Kraftlosigkeit, Sehstörungen und Konzentrationsstörungen kommen hinzu. Kopfschmerzen sind auch nicht ungewöhnlich.
Therapie
Beim Typ-1-Diabetes muss das fehlende Hormon Insulin künstlich in Form von Insulinpräparaten zugeführt werden, siehe Insulintherapie. Das Ziel dieser Insulintherapie ist nicht die Heilung von Typ-1-Diabetes, sondern Ersatz des fehlenden körpereigenen Insulins. Deshalb muss die Therapie kontinuierlich bis ans Lebensende durchgeführt werden. Eine Therapie zur Heilung ist bisher nicht verfügbar.
Erblichkeit
Die oben genannte Mutation des 6. Chromosoms kann über mehrere Generationen vererbt werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung an Typ-1-Diabetes abhängig von der Art der Vererbung.
Diabetes Typ 2
Hierbei handelt es sich um eine Störung, bei der Insulin zwar vorhanden ist, an seinem Zielort, den Zellmembranen, aber nicht richtig wirken kann (Insulinresistenz). In den ersten Krankheitsjahren kann die Bauchspeicheldrüse dies durch die Produktion hoher Insulinmengen kompensieren. Irgendwann kann die Bauchspeicheldrüse die überhöhte Insulinproduktion aber nicht mehr aufrechterhalten. Die produzierte Insulinmenge reicht dann nicht mehr aus, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, und der Diabetes mellitus Typ 2 wird manifest. Ein Typ-2-Diabetiker produziert viel mehr körpereigenes Insulin als der Stoffwechselgesunde (=Hyperinsulinismus), aufgrund einer hohen Insulinresistenz steigt der Blutzucker dennoch an, später kommt es über einen relativen Mangel in einigen Fällen zu einem absoluten Insulinmangel.
Noch in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte der Diabetes-Typ-2 verharmlosend den Beinamen Altersdiabetes, weil er in der Regel erst im höheren Lebensalter auftrat. Allerdings wird der Diabetes Typ 2 auch bei immer mehr jüngeren Menschen diagnostiziert. Aufgrund des Auftretens in jüngeren Jahren und der Gefahr der Entwicklung von massiven Gesundheitsschäden im Laufe des Lebens ist der Begriff „Altersdiabetes“ nicht mehr angebracht.
Die angeborene Insulinresistenz hat durchaus einen biologischen Sinn. Die hohe Insulinausschüttung führt zu einer zuverlässigen Verstoffwechselung aller aufgenommenen Kalorien, was in Hungerzeiten das Überleben sichert. Menschen mit angeborener Insulinresistenz sind „gute Futterverwerter“ und neigen häufig bei vorhandenem Angebot bereits in der Kindheit zu Übergewicht. In Ländern der „Dritten Welt“ findet man deswegen überdurchschnittlich viele Menschen mit Insulinresistenz, was dort mit steigendem Wohlstand zu einer explosionsartigen Zunahme des Typ-2-Diabetes führt.
Der Typ-2-Diabetes wird oft erst spät erkannt, nicht ernst genommen oder unzureichend behandelt, und Ärzte sind bei der Behandlung bisweilen unsicher. Auch die Patienten neigen oft trotz Aufklärung und Schulung zur Verdrängung, da spürbare Einschränkungen der Gesundheit häufig erst dann auftreten, wenn sich akute, teils irreversible Schäden manifestieren. Um eine gleichbleibende Qualität zu erreichen, fördern die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland seit 2003 einheitliche Diagnose- und Therapierichtlinien im Rahmen des Disease-Management-Programmes (DMP). Die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften geben nationale Versorgungs-Leitlinien u. a. für den Diabetes mellitus Typ 2 heraus.
Ursachen
Übergewicht gilt als eine der Hauptursachen für diesen Erkrankungstyp. Neben der angeborenen Insulinunempfindlichkeit resultiert aus dem Übergewicht eine zusätzliche Insulinresistenz der insulinabhängigen Körperzellen. Wird eine derartige Zelle bei gesunden Menschen mit Insulin stimuliert, werden vermehrt Glukose-Transportproteine vom Typ 4 (GLUT-4) in die Zellmembran eingefügt. Bei Typ-2-Diabetikern ist unter anderem dieser Mechanismus gestört. In ihrem Muskel- und Fettgewebe wird GLUT-4 herabreguliert. Der genaue Mechanismus der Insulinresistenz ist bisher unklar; es handelt sich aber nicht um einen Defekt des GLUT-4. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Konzentration des Botenstoffes Retinol Binding Protein 4 (RBP-4) und dem Ausmaß der Insulinresistenz. RBP-4 wird im Fettgewebe übergewichtiger Menschen in übergroßen Mengen produziert. Dieser Botenstoff scheint dazu zu führen, dass Muskel- und Leberzellen kaum noch auf das blutzuckerregulierende Hormon Insulin reagieren. Bessert sich nach körperlichem Training die Insulinresistenz, sind auch geringere RBP-4-Plasmaspiegel zu messen.
Der entscheidende Faktor ist die genetische Veranlagung, wobei wahrscheinlich viele Gene beteiligt sind (polygene Erkrankung). Die Existenz weiterer für Typ-2-Diabetes verantwortlicher Gene gilt als gesichert. Die Forscher schätzen, dass bei etwa 20 % der hellhäutigen Bevölkerung das PTPN1-Gen verantwortlich ist. Bei Afro-Amerikanern dagegen scheint das Gen keine Rolle zu spielen, ein weiterer Hinweis, dass mehrere Gene an der Entstehung des Typ-2-Diabetes beteiligt sind.
Ein weiterer Faktor im Krankheitsgeschehen ist eine erhöhte körpereigene Glukoneogenese (Zuckerbildung) in der Leber. Das Hormon Insulin hemmt, das Hormon Glucagon steigert die Glukoneogenese in der Leber. Glucagon, das durch die Steigerung der Zuckerneubildung den Blutzuckerspiegel anhebt, wird vermehrt als Antwort auf den Zuckerbedarf in den Körperzellen gebildet. Auch Stresshormone wie Katecholamine und Glukokortikoide – daher der Name – steigern physiologischerweise die Glukoneogenese. Außerdem betrifft die angeborene Insulinresistenz auch die Leberzellen, die auf die hemmende Insulinwirkung kaum reagieren und zu viel Zucker ins Blut entlassen.
Ein hoher Vitamin-D-Spiegel geht mit einem halbierten Diabetesrisiko einher, wie eine systematische Übersichtsarbeit mit 28 Studien und zusammen fast 100.000 Teilnehmern ergab. Das metabolische Syndrom war bei Probanden mit hohem Vitamin-D-Spiegel ebenfalls nur halb so häufig wie bei Teilnehmern mit wenig Vitamin D im Blut.
Symptome
Viele Typ-2-Diabetiker haben jahrelang keine fassbaren Symptome. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes geht der Typ-2-Diabetes eher selten mit einer Gewichtsabnahme und nur bei massiv erhöhten Blutzuckerwerten mit vermehrtem Wasserlassen und Durstgefühl einher. Häufig bestehen zu Beginn unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen und Infektneigung wie z. B. häufige Blasenentzündungen. Da diese Symptome sehr unspezifisch sind, wird die Diagnose häufig erst nach Jahren durch Zufall gestellt.
Therapie
Beim Typ-2-Diabetes muss die erhöhte Insulinresistenz u. a. durch Gewichtsabnahme und vermehrte Bewegung verringert werden. Bis 2009 forderte die Deutsche Diabetes-Gesellschaft in ihren Leitlinien, dass eine medikamentöse Therapie erst nach Ausschöpfung dieser Maßnahmen erfolgen sollte. Der Blutzucker sinkt bei jedem Patienten, der Übergewicht abbaut, prozentual im Mittel deutlicher als der Blutdruck. Etwa die Hälfte aller neu diagnostizierten Diabetiker erreichen durch eine Gewichtsabnahme von 10 kg eine Remission (normaler Nüchternblutzucker). Diese Erkenntnisse erzwingen vom übergewichtigen Diabetiker eine umfassende Lebensstiländerung. Allerdings sind zu Beginn der Erkrankung die Gesundheitsrisiken nur Theorie (wie für den Raucher die Gefahr einer Lungenkrebserkrankung in 20 oder 30 Jahren). Daher ist eine frühzeitige, allein über die Änderung des Lebensstils zu beeinflussende Gesundheitsvorsorge nur schwer zu realisieren.
Für die Wirksamkeit der Lebensstiländerung zur Verhinderung eines Diabetes mellitus Typ 2 gibt es eine Vielzahl von Studien. Diese zeigen aber auch, dass Patienten die Einnahme von Medikamenten eher akzeptieren als eine Veränderung des Lebensstils (und unterscheiden sich damit nicht von anderen Menschen mit chronischen Erkrankungen – siehe z. B. die Lungenerkrankung COPD und Rauchen)
Nach aktuellen Studien sind mindestens 3-mal in der Woche für mindestens 30 Minuten leicht anstrengende Bewegung notwendig, um Stoffwechselstörungen wie z. B. der Zuckerkrankheit vorzubeugen bzw. nachhaltig zu beeinflussen.
Eine Studie mit einem Wirkstoff aus der Gruppe der Glitazone ergab, dass dieser Wirkstoff bei Menschen mit einer Vorstufe des Diabetes mellitus Typ 2 das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung deutlich senkt. In einer drei Jahre lang mit Rosiglitazon behandelten Gruppe erkrankten nicht einmal halb so viele Teilnehmer wie in einer Vergleichsgruppe, die nur ein Scheinmedikament erhielt. Allerdings trat unter Rosiglitazon signifikant häufiger eine Herzinsuffizienz auf.[41]
Neue Studien für Metformin zeigen, dass ein frühzeitiger medikamentöser Beginn die Krankheitsentwicklung verzögert, da vom Zeitpunkt der Diagnosestellung an die zugrunde liegende Insulinresistenz vermindert wird. Auch für die neuartigen DPP4-Hemmer (als erstem Vertreter das Sitagliptin) zeigen erste Untersuchungen, dass die Funktionsfähigkeit der B-Zellen der Bauchspeicheldrüse möglicherweise länger erhalten bleibt, wenn frühzeitig mit der Behandlung begonnen wird (aus Symposien der 45. Deutschen Jahrestagung der Deutschen Diabetesgesellschaft in Stuttgart 2010)
Zur medikamentösen Therapie gibt es verschiedene Therapieansätze. Je besser es gelingt, die Blutzuckerwerte zu normalisieren (vor einer Mahlzeit unter 120 mg/dl, danach unter 180 mg/dl), umso geringer ist die Gefahr von Komplikationen.
Da der Typ-2-Diabetes im Rahmen des metabolischen Syndroms häufig mit einem Bluthochdruck vergesellschaftet ist und der Bluthochdruck die Spätfolgen, vor allem an den Augen, den Nieren und den großen Blutgefäßen, weiter forciert, muss der Bluthochdruck rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Insbesondere bezüglich der makrovaskulären Risiken wie Herzinfarkt oder Schlaganfall ist die optimale Blutdruckeinstellung sogar noch wichtiger als eine Optimierung des Zuckerstoffwechsels. Für die mikrovaskulären Risiken der Augen und der Nerven gilt allerdings die Optimierung des Blutzuckers.
Auch bei Typ-2-Diabetikern hilft eine regelmäßige Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte, eine Änderung des Lebensstils nachhaltig einzuhalten.
Eine operative Entfernung beziehungsweise Überbrückung des Magens und des oberen Teils des Dünndarms (Anti-diabetischer intestinaler Bypass, ADIB) kann bei stark übergewichtigen Diabetikern vom Typ 2 zu verbesserten Stoffwechselwerten führen. Der Eingriff ist mit verschiedenen Risiken behaftet, die Sterblichkeit bei der Operation liegt bei einem Prozent.
1. Glukose kann nicht mehr in die insulinabhängigen Gewebe bzw. Zellen aufgenommen werden. Die Glukose fehlt innerhalb der Zellen als Energielieferant und häuft sich im Blut an.
2. Die Glukoseneubildung in der Leber verläuft ungebremst. Es werden bis zu 500 g Glukose pro Tag in das Blut abgegeben. Da diese von den Zellen nicht verwertet werden kann (siehe 1.), verbleibt sie im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt.
3. Das Körperfett kann nicht mehr in seinen Depots gehalten werden und wird ans Blut abgegeben. Es kommt zu einer Überschwemmung des Blutes mit freien Fettsäuren. Da zur Verstoffwechselung von Fettsäuren Substrate aus dem Kohlenhydratstoffwechsel notwendig sind, können diese Fettsäuren nicht auf normalem Wege abgebaut werden, sondern werden zu Ketonkörpern umgebaut. Da sowohl die freien Fettsäuren als auch diese Ketonkörper (Aceton ausgenommen) Säuren sind, kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose), durch die sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper beeinträchtigt werden.
4. Eine gesunde Nierenfunktion vorausgesetzt, wird nach Überschreiten der Nierenschwelle die Rückresorption in den Tubuli beeinträchtigt, sodass Glukose in den Urin ausgeschieden wird (Glukosurie). Um die anfallende Glukose ausscheiden zu können, muss sie über die verstärkte Diurese aus dem Körper geschafft werden. Es kommt zum ständigen Wasserlassen (= Polyurie) und in Folge zu einer Exsikkose mit ständigem Zwang zu trinken (Polydipsie).
Zusammenfassend kommt es also im Insulinmangel zu einem Substratmangel in den Zellen, zu einem Blutzuckeranstieg, zum Wasser- und Nährstoffverlust, zu einer Übersäuerung des Blutes und zur Gewichtsabnahme. Im Extremfall kann es zu einem lebensgefährlichen Krankheitsbild kommen – dem ketoazidotischen Koma.
Ursachen
Die Entstehung von Diabetes mellitus Typ 1 wird heute als multifaktorielles Geschehen verstanden, an dem sowohl genetische als auch Umweltfaktoren beteiligt sind. Es sind bislang mehr als 20 Gene identifiziert worden, denen ein Zusammenhang mit der Entstehung von Typ-1-Diabetes nachgewiesen werden konnte. Die meisten beschriebenen Genveränderungen bedingen eine polygenetische Entstehung, d. h. mehrere genetische Veränderungen müssen vorliegen, damit ein Typ-1-Diabetes entsteht. Nur in seltenen Fällen liegt eine monogenetische Erkrankung vor.
Symptome
Charakteristisch für die Manifestation des Typ-1-Diabetes ist die ausgeprägte Gewichtsabnahme innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen, verbunden mit Austrocknung (Exsikkose), ständigem Durstgefühl, häufigem Wasserlassen, Erbrechen und gelegentlich auch Wadenkrämpfen und Bauchschmerzen. Allgemeine Symptome wie Müdigkeit und Kraftlosigkeit, Sehstörungen und Konzentrationsstörungen kommen hinzu. Kopfschmerzen sind auch nicht ungewöhnlich.
Therapie
Beim Typ-1-Diabetes muss das fehlende Hormon Insulin künstlich in Form von Insulinpräparaten zugeführt werden, siehe Insulintherapie. Das Ziel dieser Insulintherapie ist nicht die Heilung von Typ-1-Diabetes, sondern Ersatz des fehlenden körpereigenen Insulins. Deshalb muss die Therapie kontinuierlich bis ans Lebensende durchgeführt werden. Eine Therapie zur Heilung ist bisher nicht verfügbar.
Erblichkeit
Die oben genannte Mutation des 6. Chromosoms kann über mehrere Generationen vererbt werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung an Typ-1-Diabetes abhängig von der Art der Vererbung.
Bei Kindern eines Elternteils mit Typ-2-Diabetes beträgt die Wahrscheinlichkeit eines späteren Typ-2-Diabetes bis zu 50 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein eineiiges Zwillingsgeschwister eines bereits an Diabetes Typ 2 erkrankten ebenfalls erkrankt, liegt bei annähernd 100 %.
Stufenplan der medikamentösen Therapie des Typ-2-Diabetes
Nach der S3-Leitlinie: Medikamentöse antihyperglykämische Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 der DDG:
Stufe 1
Basistherapie: Schulung und Motivation, Umstellung der Ernährung und des Lebensstils, Gewichtsreduktion, Bewegung.
Zielwert: HbA1c kleiner oder gleich 6,5 %, Intervention ab 7 %
Stufe 2
Wenn nach drei Monaten die Basistherapie alleine nicht einen HbA1c-Wert von unter 7 % hervorbringen kann, sollte eine medikamentöse Therapie zusätzlich herangezogen werden. Diese richtet sich nach dem Gewicht und der Indikation bzw. Kontraindikation.
Bei Normalgewicht wird eine Monotherapie mit Glibenclamid empfohlen. Bei Übergewicht wird eine Monotherapie mit Metformin empfohlen, bei Kontraindikation können stattdessen Sulfonylharnstoffe verwendet werden. Weitere Optionen wären je nach Verträglichkeit Alpha-Glukosidasehemmer oder Insulin.
Stufe 3
Nach drei weiteren Monaten sollte ein zweites orales Antidiabetikum hinzugezogen werden, wenn der HbA1c-Wert immer noch nicht unter 7 % liegt. Bei vorheriger Metformintherapie werden zusätzlich empfohlen: Acarbose, Glinide, Glitazone oder Sulfonylharnstoffe.
Bei vorheriger Sulfonylharnstofftherapie wird eine zusätzliche Gabe von Glitazonen, Glukosidasehemmern oder Metformin empfohlen.
Alternativ können auch Bedtime-Insulin plus Metformin oder vor dem Essen kurzwirkendes Insulin und abends Metformin gegeben werden.
Stufe 4
Sinkt der HbA1c-Wert nach 3 weiteren Monaten weiterhin nicht unter 7 %, wird eine zusätzliche Gabe von Bedtime-Verzögerungs-Insulin empfohlen. Eine Insulinpumpe kann als letzte Möglichkeit in Betracht kommen.
Orale Antidiabetika
- Biguanide (einziger zugelassener Vertreter: Metformin).
- Sulfonylharnstoffe (zum Beispiel Glibenclamid, Glimepirid)
- Glinide sind eine eigenständige Wirkstoffgruppe, die die Insulinproduktion fördert.
- Insulin-Sensitizer oder Glitazone (Pioglitazon, Rosiglitazon).
- DPP-IV-Inhibitoren; Eine weitere Wirkstoffklasse, deren Wirkung ebenfalls auf GLP-1 beruht, sind die Inhibitoren der Dipeptidylpeptidase 4, deren Leitsubstanz das Sitagliptin ist. Diese Medikamente hemmen das Enzym Dipeptidylpeptidase 4, das für den Abbau des GLP-1 verantwortlich ist.
- SGLT2-Inhibitoren fördern die Glucoseausscheidung über die Niere. Einziger bisher zugelassener Vertreter ist das Dapagliflozin.
Nicht-orale Antidiabetika
Inkretinmimetika: Exenatid ist das synthetische Analogon von Exendin-4, einem aus dem Speichel der Gila-Krustenechse gewonnenem Polypeptid. Es wirkt beim Menschen wie das Darmhormon Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1), das über eine Anregung der Insulinfreisetzung und eine Hemmung der Glucagon-Sekretion den Blutzuckerspiegel senkt. Exenatid wird subkutan verabreicht.
Diabetes-Diät
Im Folgenden werden die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung erläutert!
Ernährung bei Typ-1-Diabetes laut DGE
Eine ausgewogene Ernährung besteht laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung aus etwa 52–53 % Kohlenhydraten, 16–17 % Eiweiß und 28–31 % Fett und wird von dieser für alle Menschen, einschließlich der Diabetiker, empfohlen. Der normalgewichtige Typ-1-Diabetiker kann sich prinzipiell normal ernähren, wenn er seinen Blutzuckerspiegel im Griff hat (inklusive Süßigkeiten), doch ist immer eine Anpassung der Insulintherapie notwendig. Von der GMA empfohlene Mengen sind etwa 4 Gramm Kohlenhydrate pro Tag und Kilogramm Körpergewicht.
Als Berechnungsgrundlage dienen meist Broteinheiten (eine BE = 12 g Kohlenhydrate). Seltener verwendet wird auch der Begriff Kohlenhydrateinheiten (eine KE = 10 g Kohlenhydrate). Dies soll der schnelleren Berechenbarkeit dienen, hat sich jedoch nicht durchgesetzt, da die Hersteller weiterhin BE angeben. Der Fett- und Eiweißgehalt der Nahrung hat einen deutlichen Einfluss auf die Anstiegsgeschwindigkeit und Dauer der Erhöhung der Blutglukose. Daher muss der Insulin spritzende Diabetiker lernen, die Insulinwirkung auf den Blutzuckerverlauf in Abhängigkeit mit der aufgenommenen Nahrung abzuschätzen.
Die durch intensivierte Insulintherapie behandelten Typ-1-Diabetiker haben die Möglichkeit, selbst über die Zusammensetzung ihrer Ernährung zu entscheiden. Die Broteinheit oder KE wird deshalb heute von den geschulten Typ-1-Diabetikern lediglich zur Berechnung der verzehrten Kohlenhydrate und damit der richtigen Insulindosis verwendet, statt – wie früher – die Berechnung der Mahlzeit im Hinblick auf die Gesamtkalorienmenge. Auch beim Typ-1-Diabetiker mit gut eingestellter Therapie führt die übermäßige Zufuhr von Kalorien zu Übergewicht. Beispiel.
Ernährung bei Typ-2-Diabetes
Für den Typ-2-Diabetiker gelten die Grundsätze für eine gesunde Ernährung: angepasst an den tatsächlichen Kalorienbedarf, ballaststoffreich, vollwertig, viel frisches Obst und Gemüse, Alkohol in Maßen erlaubt. Erst in Abhängigkeit von Komplikationen (hyperglykämische Stoffwechselentgleisungen, Übergewicht, erhebliche Fettstoffwechselstörungen, deutlich erhöhte Harnsäure, zusätzliche Erkrankungen wie Hypertonie, Durchblutungsstörungen, fortgeschrittene Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen u. a.) ergeben sich entsprechend angepasste Ernährungsempfehlungen.
Akut-Komplikationen
Diabetisches Koma
Das diabetische Koma ist die schwerste hyperglykämische Entgleisung des Diabetes und lebensgefährlich. Bei einem diabetischen Koma können die Blutzuckerwerte insbesondere beim Typ-2-Diabetiker über 1000 mg/dl (56.0 mmol/l) erreichen. Beim Typ-1-Diabetes kommt es schon bei Blutzuckerwerten von über 400 mg/dl über mehrere Stunden zu einer schweren Übersäuerung des Blutes (metabolische Azidose). Ein solches Koma kann z. B. durch Infekte oder bei insulinspritzenden Diabetikern durch fehlerhaftes Insulin (z. B. Lagerung unterhalb des Gefrierpunktes oder über 40 °C) oder technische Defekte wie z. B. Ausfall der Insulinpumpe verursacht werden.
Erniedrigter Blutzucker (Hypoglykämie)
Blutzuckersenkende Medikamente wie Sulfonylharnstoffe und Insulin führen bei Überdosierung oder bei einer zu geringen Nahrungsaufnahme zu einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel.
Die Symptome einer Hypoglykämie entstehen durch die Unterversorgung mit Glukose sowie durch die hormonellen und nervalen Reaktionen darauf. Sie können sehr individuell variieren, sowohl zwischen den Personen als auch situationsabhängig. Auch die Blutzuckerspiegel, bei denen Symptome verspürt werden, weichen zwischen einzelnen Personen stark voneinander ab. Je nach Schwere der Hypoglykämie reichen die Symptome von leichten Beeinträchtigungen bis zur Bewusstlosigkeit (Schock).
Wiederholte schwere Hypoglykämien haben in einer Beobachtungsstudie bei Typ-2-Diabetikern ein erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung einer Demenz gezeigt. Bei einer schweren Hypoglykämie erhöht sich die Demenzrate um 26 Prozent, bei zwei Episoden von 80 Prozent und bei drei Hypoglykämien verdoppelt sich die Demenzrate fast.
Eine Unterzuckerung wird durch die Aufnahme von schnell resorbierbaren Kohlenhydraten beseitigt, z. B. Traubenzucker (1–2 BE) oder Fruchtsaft (200 ml). Zucker, der in Fett eingehüllt ist (z. B. Schokolade) oder langsam resorbierbare Kohlenhydrate (Vollkornbrot) sind ungeeignet. Bei schweren Hypoglykämien mit Bewusstlosigkeit sollte unverzüglich der Rettungsdienst alarmiert werden. Einige Typ-1-Diabetiker führen für den Fall einer schweren Hypoglykämie mit Bewusstlosigkeit ein Notfall-Kit mit, das eingewiesenen Laien eine Injektion von Glucagon ermöglicht. Dennoch sollte der Rettungsdienst informiert werden, da die Dauer bis zur Erholung unsicher ist.
Begleit- und Folgeerkrankungen
Diabetes mellitus begünstigt weitere Erkrankungen, die als Folge des Diabetes auftreten können.
- Diabetische Retinopathie
- Herzinfarkt
- Eröffnete Aorta mit arteriosklerotischen Veränderungen
- Diabetische Nephropathie
- Hautgeschwür am diabetischen Fuß
Der Grund für diese Erkrankungen liegt häufig in folgenden Ursachen:
1. Qualität der Stoffwechseleinstellung, lang anhaltend zu hohe Blutzuckerwerte oder häufige starke Hypoglykämien.
2. Langfristig erhöhter Insulinspiegel.
Begleitend zum Diabetes Typ 1 treten häufig weitere Autoimmunerkrankungen auf.
Der Gesundheitsbericht Diabetes 2010 gibt einen Überblick über die Häufigkeit des Auftretens von Begleit- und Folgekrankheiten (nach 11 oder mehr Jahren) bei betreuten Typ-2-Diabetikern:
80,1 % Bluthochdruck
24,1 % Diabetische Retinopathie
23 % Neuropathie
11,1 % Herzinfarkt
12,1 % periphere Arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
7,4 % Schlaganfall
9,7 % Nephropathie (Niereninsuffizienz)
4,9 % diabetisches Fußsyndrom
1,7 % Amputation
0,6 % Erblindung
Grundlage sind dauerhafte Veränderungen strukturbildender Eiweiße und negative Effekte von Reparaturvorgängen, z. B. der ungeordneten Bildung neuer Blutgefäße oder Unterdrückung der Neubildung von Ersatzblutgefäßen bei Beschädigungen.
Schädigung der Blutgefäße
Schädigung der kleinen Blutgefäße
Bei der Mikroangiopathie kommt es zu Durchblutungsstörungen der kleinen arteriellen Blutgefäße, wodurch verschiedene Organe geschädigt werden können. Im Einzelnen sind dies die Augen, speziell die Netzhaut (diabetische Netzhauterkrankung), die Nieren (diabetische Nephropathie) und die peripheren Nerven (Neuropathie).
Schädigung der großen Blutgefäße
Bei der Makroangiopathie sind die großen Arterien betroffen, hierzu gehören insbesondere die Mönckeberg-Mediaverkalkung, die Koronare Herzkrankheit sowie die periphere Arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)).
Es kommt durch die Bildung von Ablagerungen und Verkalkungen in den Gefäßwänden der großen Blutgefäße zu Durchblutungsstörungen und Gefäßwandversteifung. Bei gleichzeitiger Polyneuropathie können Schmerzen trotz kritischer Durchblutung ausbleiben. Die möglichen Folgen der Durchblutungsstörungen sind eine (Schaufensterkrankheit), Herzinfarkt und Schlaganfall.
Nervenschädigung
Periphere Polyneuropathie
Nervenschädigungen wie die Polyneuropathie betreffen etwa die Hälfte der Diabetiker. Insbesondere lange und feine Nervenfasern werden zerstört. Dies führt zur Verminderung der Empfindung in körperfernen Partien, insbesondere den Füßen (Schmerz, Wärme, Berührung). Die diabetische Polyneuropathie kann sich nicht nur in einem Verlust der Sensibilität äußern, sondern auch in Missempfindungen (Schmerzen, Brennen, Allodynie). Bei fortgeschrittener Erkrankung kommt es auch zu einem von den Füßen aufsteigenden Verlust der Muskelkraft, der sich typischerweise zunächst in einer Schwäche der Zehenhebung und -senkung äußert und später in einer Schwäche der Fußhebung und -senkung. Die diabetische Polyneuropathie ist neben der Durchblutungsstörung die Hauptursache des Diabetischen Fußsyndroms. Sie ist für 50–75 % der nicht traumatischen Fußamputationen verantwortlich.
Autonome Neuropathie
Neben der Erkrankung der sensiblen und motorischen Nervenendigungen können auch vegetative Nervenfasern betroffen sein, die beispielsweise die Gefäßweite steuern, die Herzfrequenz, die Blasen- und Mastdarmfunktion, die Sexualfunktionen.
Prognose
Personen, die ihren Lebensstil nicht entsprechend den Empfehlungen (siehe UKPDS-Studie, Steno-2-Studie) ändern, haben ein erhöhtes Risiko für Folgekrankheiten. Die Verzuckerung der Zellen (messbar anhand der nichtenzymatischen Glykierung der roten Blutkörperchen durch den HbA1c-Wert) geht bereits nach 2 Stunden erhöhtem Blutzuckerwert eine irreversible chemische Verbindung mit den Zellmembranen ein (Amadori-Umlagerung), die nicht durch einen niedrigen Stoffwechsel kompensiert oder rückgängig gemacht, sondern höchstens aufgehalten werden kann, um Folgekrankheiten zu vermeiden. Oberstes Ziel der Diabetestherapie ist es daher, diese irreversible chemische Reaktion der Glukoseablagerungen zu minimieren (AGE-„RAGE“-Bildungsprozess).
Die Chance auf ein langes Leben frei von Folgekrankheiten ist umso größer, je niedriger die Glykierung ist. Starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels verringern diese Chance. Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel und zu hoher Insulinspiegel schädigt die Intima media (Innenwand der Blutgefäße) genauso wie ein zu hoher Blutzuckerspiegel. Bei jedem Betroffenen muss individuell festgestellt werden, wie die niedrigsten Blutzuckerwerte mit der niedrigsten Zahl von Hypoglykämien erreicht werden können.
Für den betroffenen Diabetiker gilt deshalb, dass er selbst zum Spezialisten für seine Krankheit werden und Verantwortung übernehmen sollte. Er muss die Feinsteuerung und nach Möglichkeit auch die Basalratenfindung im Alltag selbst lösen, da nur er die genaue Reaktion seines Körpers durch die Rahmenbedingungen (Essen, Bewegung, Insulin, Krankheit, Sport …) kennt und einschätzen kann. Insofern verbessert sich die Prognose, wenn sich die Betroffenen durch Wechsel der Lebensführung, Wissensaneignung und Umsetzung des Wissens um ihre Krankheit bemühen.